In der Ausgabe 21/2024 des juris PraxisReports Strafrecht haben wir uns mit dem Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 25.04.24 – 18 KLs 502 Js 2487/21, 18 KLs 502 Js 2133/16 zur Frage der subjektiven Voraussetzungen für die Annahme einer Beihilfestrafbarkeit befasst.
Die 18. Strafkammer des LG Nürnberg-Fürth (große Wirtschaftsstrafkammer) hatte in diesem Beschluss über die Eröffnung der Hauptverhandlung hinsichtlich mehrerer Personen – einem mutmaßlichen Haupttäter und mehreren Gehilfen – wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung sowie des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (bzw. der Beihilfe hierzu) zu entscheiden. Den angeschuldigten Gehilfen wurde von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt, den Haupttäter als faktischen Geschäftsführer der maßgeblichen Gesellschaft insofern bei seinen Tathandlungen unterstützt zu haben, als sie als sog. Strohleute für diesen bei der Stadt Gewerbeanmeldungen vorgenommen und ihn so in die Lage versetzt hätten, Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu verkürzen. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite hatte die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage lediglich ausgeführt:
„Die Angeschuldigten wussten zumindest aufgrund der Gewerbeanmeldungen, dass sie formal ein Gewerbe betrieben, für das regelmäßig Arbeitnehmer notwendig sind. Weiterhin wussten sie, dass sie dem anderweitig Verfolgten A ihre Firma und ihre Geschäftskonten zur Verfügung stellten, womit dieser seine tatsächliche Verantwortlichkeit für die Unternehmen verschleierte. Zudem überließen sie dem anderweitig Verfolgten A völlig freie Hand und kümmerten sich insbesondere nicht um die Erfüllung sozialversicherungsrechtlicher und steuerlicher Pflichten. Aufgrund der Kenntnis dieser Umstände nahmen sie daher zumindest billigend in Kauf, dass der anderweitig Verfolgte A die sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllte.“
Das LG erteilte der Eröffnung der Hauptverhandlung in Bezug auf alle mutmaßlichen Gehilfen eine deutliche Absage, da sich die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Ermittlungen augenscheinlich nicht hinreichend mit dem Beihilfevorsatz der mutmaßlichen Gehilfen auseinandergesetzt hatte. Das Gericht betonte insofern, dass Feststellungen zur subjektiven Tatseite stets auf eine belastbare Tatsachengrundlage zu stützen seien und nicht auf Spekulationen beruhen dürften. Es sei nicht Aufgabe des Tatgerichts, das Hauptverfahren ohne eine sich aus den Akten ergebende Beweisgrundlage zu eröffnen und den Nachweis der Beweisaufnahme sodann der Hauptverhandlung zu überlassen. Aus den obigen Umständen könne jedenfalls nicht auf einen Beihilfevorsatz geschlossen werden.
Eine derart klare und fundierte Absage gegenüber unzureichender Ermittlungsarbeit, deren Ergebnis in Form einer Anklage nicht auf Fakten basiert, sondern lediglich auf Mutmaßungen, stellt auch aus Verteidigersicht ein wichtiges Signal für die Strafverfolgungspraxis dar.
Die Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth und deren Auswirkungen für die Praxis sowie die strafrechtlichen Problematiken, die mit dem Einsatz von Strohmann-Geschäftsführern einhergehen, werden in der aktuellen Ausgabe des juris PraxisReport Strafrecht von Dr. Nikolaus Rixe und Annika Staack ausführlich dargestellt. Dieser Beitrag ist hier abrufbar.