Vorstand und Geschäftsführer haften nicht persönlich für Kartell-Geldbußen eines Unternehmens

Der 6. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat am 27.07.2023 entschieden, dass Vorstand und Geschäftsführer nicht persönlich für Geldbußen eines Unternehmens haften.

In diesem Fall wurde der Beklagte von einer GmbH, deren Geschäftsführer er war, und einer AG, deren Vorstandsvorsitzender er war, wegen seiner Beteiligung an einem Edelstahlkartell auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Das Bundeskartellamt hat unter anderem Geldbußen gegen die Edelstahlunternehmen und den Beklagten verhängt. Die klagende GmbH forderte Schadenersatz in Höhe des gegen das Unternehmen festgesetzten Bußgeldes (4,1 Mio. EUR), und die klagende AG verlangte Erstattung von Aufklärungs- und Rechtsanwaltskosten (mehr als eine Mio. EUR). Zudem begehrten beide Klägerinnen die Feststellung, dass der Beklagte für alle Zukunftsschäden, die aus dem Wettbewerbsverstoß resultieren, hafte.

Der 6. Kartellsenat des OLG hat das vorangegangene Urteil des LG Düsseldorf, welche die Klage abseits des Feststellungsantrags abwies, bestätigt.

Der Senat ging davon aus, dass der Beklagte zwar vorsätzlich an einem kartellrechtswidrigen Informationsaustausch beteiligt gewesen sei und sich nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe. Eine persönliche Haftung von Vorstand und Geschäftsführern für Kartellbußen eines Unternehmens sei jedoch ausgeschlossen. Bereits das LG hatte entschieden, dass ein Regress gegen den Beklagten für das Bußgeld gegen die GmbH nicht in Betracht komme. Die kartellrechtliche Wertung sehe getrennte Bußgelder gegen die handelnde Person und das Unternehmen selbst vor, um den Sanktionszweck eines Unternehmensbußgeldes nicht zu gefährden, da sich anderenfalls Unternehmen ihrer kartellrechtlichen Bußgeldverantwortung entziehen könnten. Auch die Aufklärungs- und Verteidigerkosten im Zusammenhang mit dem Bußgeldverfahren könnten nicht erstattet werden.

Eine Haftung der Geschäftsführer und Vorstände für zivilrechtliche Ansprüche Dritter, die durch das Kartell geschädigt wurden, bleibe jedoch bestehen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen wurde. Es gab und gibt bisher keine höchstrichterliche Entscheidung zur umstrittenen Frage der persönlichen Haftung von Vorstand und Geschäftsführern für Geldbußen eines Unternehmens.

(Aktenzeichen: VI-6 U 1/22 (Kart).)