In der Ausgabe 5/23 des juris PraxisReport Strafrecht haben wir uns mit einer insolvenzstrafrechtlichen Entscheidung des Landgericht Köln vom 30.05.2022, Az. 1 Cs 502 Js 5973/21, befasst.
Das Urteil ist ein Berufungsurteil über das vorausgegangene Urteil des Amtsgerichts Köln (Az. 583 Ls 459/13). Die Vorinstanz hatte die drei Angeklagten wegen des Vorwurfs der gemeinschaftlichen Insolvenzverschleppung und des Bankrotts freigesprochen. Die hierauf von der Staatsanwaltschaft eingelegte Berufung war erfolgreich; die drei Angeklagten wurden jeweils gem. § 15a Abs. 4 InsO wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung verurteilt, zwei Angeklagte zudem tateinheitlich wegen fahrlässigen Bankrotts nach § 283 Abs. 5 Nr.1 StGB i.V.m. § 283 Abs. 1 Nr. 7a StGB durch Aufstellung einer unrichtigen Bilanz.
Das Landgericht Köln hat sich in seinem Urteil mit verschiedenen Frage- und Problemstellungen befasst, die sich im Vorfeld von und im Zusammenhang mit Insolvenzsituationen immer wieder ergeben. So behandelt es zum einen die Voraussetzungen für die Annahme einer positiven Fortführungsprognose und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen der handelnden Organe einer AG. Weiter stellt es im Rahmen von § 15a InsO die Voraussetzungen zur Annahme eines bedingten Vorsatzes der zuständigen Vertreter i.S.d. § 14 Abs. 1 Nr.1 StGB dar. Darüber hinaus beschäftigt sich das sehr detailliert begründete und instruktive Urteil mit den Auswirkungen einer organschaftlichen Ressortverteilung bei Vorliegen einer existenzgefährdenden Lage und mit den kaufmännischen Bilanzierungspflichten aus § 242 HGB. Diese verbleiben auch im Falle der Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers bei den Organen. Aus dieser Verpflichtung ergab sich im vorliegenden Fall der Fahrlässigkeitsvorwurf in Form des Verkennens des tatsächlichen Wertes des Vorratsvermögens und der daraus folgenden Überschuldung der Gesellschaft.
Nach Ansicht des Landgerichts gehört es zur Pflicht der Organe einer Gesellschaft, bei Anzeichen einer wirtschaftlichen Krise einen Vermögensstatus zu erstellen und gegebenenfalls unter Hinzuziehung einer fachkundigen Person zu beurteilen, ob eine positive Fortführungsprognose für die Gesellschaft besteht. Im Falle des Unterlassens komme eine Strafbarkeit wegen bedingt vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in Betracht. Diese Verpflichtung treffe nicht ausschließlich den Finanzvorstand, sondern jedes Vorstandsmitglied. Eine – grundsätzlich mögliche – Ressortaufteilung gelte nicht in Krisensituationen, mit der Folge, dass wieder alle Vorstandsmitglieder Adressaten des originär handelsrechtlichen (umfangreichen) Pflichtenkatalogs seien.
Die Entscheidung des Landgerichts Köln und deren Auswirkungen für die Praxis werden in der aktuellen Ausgabe des juris PraxisReports Strafrecht von Dr. Nikolaus Rixe und Annika Staack ausführlich beleuchtet. Die Ausgabe ist hier abrufbar.