Schutz für Whistleblower: Neuer Entwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes liegt vor

Am 06. April 2022 hat das Bundesministerium für Justiz einen Referentenentwurf eines „Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“ vorgelegt und zur Abstimmung an die übrigen Ministerien versandt. Damit könnte es nun zeitnah zur Umsetzung der europäischen „Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (2018/0106 COD)“, besser bekannt als „EU-Whistleblower-Richtlinie“, in nationales Recht kommen. Die Zeit hierfür eilt, denn eigentlich hätte der deutsche Gesetzgeber bereits bis zum 17. Dezember 2021 tätig werden müssen. Da er diese Frist versäumt hat, hat die Europäische Kommission bereits im Februar 2022 ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. 

I. EU-Richtlinie und vorangegangener Gesetzesentwurf

Die vom europäischen Gesetzgeber im Jahr 2019 verabschiedete „EU-Whistleblower-Richtlinie“ verfolgt das Ziel, Hinweisgeber, die Missstände im beruflichen Umfeld aufdecken, besser zu schützen. Zudem sollen Unternehmen und Behörden dazu verpflichtet werden, für die Abgabe von Hinweisen sichere und effektive Meldekanäle einzurichten.

Bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode gab es den Versuch, ein nationales Hinweisgeberschutzgesetz zu schaffen. Der von der damaligen Bundesjustizministerin Christine Lambrecht vorgelegte Entwurf scheiterte jedoch 2021 jedoch an der Uneinigkeit der damaligen Koalitionspartner. 

II. Aktueller Gesetzesentwurf

Wie schon der Erstentwurf geht auch der aktuelle Gesetzesentwurf über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus, wenngleich in geringerem Umfang. 

1. Schutz von Hinweisgebern und von Hinweisen Betroffenen 

Der nun vorgelegte Gesetzesentwurf zielt darauf ab, sowohl Hinweisgebern als auch solchen Personen Schutz zu gewähren, die Gegenstand einer Meldung bzw. Offenlegung oder von ihr betroffen sind. Sachlich umfasst der Entwurf Meldungen und Offenlegungen von straf- und bußgeldbewährten Verstößen, soweit letztere dem Schutz des öffentlichen Interesses oder den Rechten von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen; darüber hinaus Verstöße gegen beispielsweise umweltrechtliche Vorgaben.  

Der Gesetzesentwurf sieht ein ausdrückliches Verbot vor, gegen hinweisgebende Personen Repressalien zu verhängen oder auch nur anzudrohen. Für den Fall, dass der Hinweisgeber nach der Meldung eine Benachteiligung erleidet, soll eine Beweislastumkehr dergestalt gelten, dass ein Zusammenhang zwischen Meldung und Benachteiligung vermutet wird. Auch Schadensersatzansprüche nach Repressalien sind vorgesehen. 

Daneben sieht der Gesetzesentwurf Sanktionen bei vorsätzlichen und grob fahrlässigen Falschmeldungen vor, mithin soll also auch der Arbeitgeberschutz Berücksichtigung finden. 

2. Pflicht zur Einrichtung von Meldestellen 

Der Gesetzesentwurf verpflichtet Unternehmen und Behörden mit mindestens 50 Beschäftigten, eine Stelle für interne Meldungen einzurichten. Für Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern soll die Pflicht erst ab dem 17. Dezember 2023 gelten. Aber aufgepasst: Unternehmen ab 250 Mitarbeitern sind bereits seit dem 17. Dezember 2021 zur Einrichtung interner Meldestellen verpflichtetet, da für sie bis zum Inkrafttreten eines nationalen Gesetzes die Maßgaben der EU-Richtlinie gelten.  

Eine interne Meldestelle kann ein Unternehmen dadurch einrichten, dass es entweder eigene Mitarbeiter oder alternativ Dritte, beispielsweise eine Rechtsanwaltskanzlei, mit entsprechenden Aufgaben betraut. Letzteres ist insbesondere deshalb von Vorteil, weil die betrauten Personen bei Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig sein und über eine gewisse Fachkunde verfügen müssen. 

Die Meldekanäle müssen die Verpflichteten so gestalten, dass Hinweisgeber Meldungen sowohl mündlich als auch in Textform tätigen können. Die Abgabe anonymer Meldungen müssen sie jedoch nicht (!) ermöglichen. Allerdings ist grundsätzlich die Vertraulichkeit der Identität der Hinweisgeber zu wahren.

Nach Eingang einer Meldung müssen die Meldestellen diese innerhalb einer bestimmten Frist bearbeiten und dem Hinweisgeber eine Rückmeldung geben. Je nachdem, zu welchem Ergebnis die Meldestelle bei ihrer Prüfung kommt kommt, muss sie gewisse Folgemaßnahmen ergreifen. Zu beachten ist auch die normierte Pflicht, Meldungen zu dokumentieren und die Dokumentation zwei Jahre aufzubewahren. 

Zusätzlich zu den internen Meldestellen soll der Bund eine externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz einrichten, daneben sieht das Gesetz die Einrichtung weiterer externer Meldestellen, beispielsweise beim Bundeskartellamt, vor. Auch an diese kann sich der Hinweisgeber wenden, ihm steht demnach ein Wahlrecht zwischen interner und externer Meldestelle zu. Unternehmen ist daher dringend anzuraten, ihre internen Meldekanäle so einfach zugänglich wie möglich zu gestalten und diese auch aktiv gegenüber den Beschäftigten zu bewerben, damit die Meldungen unternehmensintern bleiben.

3. Sanktionen

Auch der neue Gesetzesentwurf normiert hohe Bußgelder. Wer seiner Verpflichtung zur Einrichtung und/oder zum Betreiben interner Meldestellen nicht nachkommt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 20.000 Euro rechnen. Die Verhängung von Repressalien gegen Hinweisgeber kann für Unternehmen mit einem Bußgeld von bis zu 1.000.000 Euro geahndet werden. Im Bußgeldverfahren soll die erwähnte Beweislastumkehr in dem Fall aber nicht gelten. Wichtig ist auch, dass die Verletzung der Vertraulichkeit bußgeldbewährt ist. Hier drohen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro. 

III. Fazit

Aufgrund der bereits jetzt für eine Vielzahl von Unternehmen sowie Behörden geltenden EU-Richtlinie sowie dem in absehbarer Zeit zu erwartenden nationalen Hinweisgeberschutzgesetz ist eine nähere Beschäftigung mit der Materie unumgänglich. Dabei sollten die zur Einrichtung einer internen Meldestelle Verpflichteten dies jedoch nicht nur als Last, sondern auch als Chance begreifen. Interne Meldestellen können nennenswert dazu beitragen, Missstände frühzeitig aufzudecken und so beispielsweise Haftungsfälle zu vermeiden. 

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